Agrarsubventionen für Landwirte oder Grundbesitzer

»Die Falschen kriegen sozusagen dann das Geld. Ist das einer der Gründe für den Frust der Bauern«, fragt Markus Lanz überrascht nach 40 Minuten Diskussion.

Warum sind die Landwirte so wütend, fragt Markus Lanz am Abend seine Gäste. Durch die allgemeine Preisentwicklung »sind die Unternehmensergebnisse auf den Höfen in den letzten Jahren um 45% gestiegen«, führt er anfangs aus. Wie ist auf diesem Hintergrund die Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation zu verstehen, wo es doch so vielen Berufsgruppen und Menschen deutlich schlechter ergangen ist.

Die Streichung der Dieselsubvention spielt im Verhältnis zu den Betriebskosten und den aktuellen Gewinnen der allermeisten Höfe sicherlich keine nennenswerte Rolle. Wie in der übrigen Berichterstattung gibt es zunächst viel Bla Bla. Die tatsächliche Kostenentwicklung auf den Höfen, insbesondere die angewachsene Belastung durch die Kapitalisierung der landwirtschaftlichen Flächen, sprich durch die dramatisch gestiegenen Bodenpreise, bleibt weitgehend tabu.

Die Studiogäste Prof. Dr. Sebastian Lakner und Brandenburgs Bauernpräsident Henrik Wendorff bringen dann aber doch den entscheidenden Faktor ein: Den Landwirten gehören circa 40% der Agrarfläche, der Rest wird hinzugepachtet. Wie hoch die Pachtkosten sind wird leider nicht verraten, auch nicht, wie sich die Pachtpreise in den letzten 20 Jahren verändert haben. Prof. Lakner erläutert aber, dass die Landwirte nicht nur die ortsübliche Pacht bezahlen, sondern auch eine „Einkommenspauschale“ von 155€ pro gepachtetem Hektar an die Verpächter durchreichen. (ab Minute 39)

An diesem Punkt hätte die Sendung bedeutsam werden können. Tatsächlich fließen ein Großteil der milliardenschweren Agrarsubventionen seit je her direkt in die Kassen der Grundeigentümer. An Altbauern, die sich zur Ruhe gesetzt haben, an Kirchen, und immer öfters, an internationale Investoren, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten an der EU-Förderung eine goldene Nase verdient haben. Prof. Lakner betont, dass die Subventionierung der Bodeneigentümer nicht zielführend ist. »Ein total interessanter Punkt«, greift Lanz den Aspekt auf und führt aus, dass er bei einer Reportage in England auf genau dieses Dilemma gestoßen ist. »Die Agrarsubventionen der EU sind seinerzeit nicht an die Landwirte gegangen, sondern ausschließlich an die 250 bis 300 Grundbesitzerfamilien, mehr gibt es nämlich nicht.« Die daraus entstandene Unzufriedenheit der Bevölkerung sieht er als eine bedeutende Ursache des Brexits an.

Warum der Moderator an dieser absolut entscheidenden Stelle die Diskussion nicht darauf lenkt, welche Maßnahmen gegen die zunehmende Kapitalisierung des Bodens notwendig sind, bleibt sein Geheimnis. Auch der ehemals links-grüne Agrarfachmann Anton Hofreiter zeigt sehr deutlich, dass es aus seinem Mund keine Kritik an der Kapitalisierung unserer Gesellschaft und insbesondere des Bodens geben wird. Die Abschöpfung der Bodenrente zur Finanzierung einer ökologisch, bäuerlichen Landwirtschaft taucht in seiner Argumentation gar nicht erst auf.

Lesen Sie hierzu auch: »Spekulation subventionieren oder Gewinne abschöpfen?«, »Linker Plan gegen Bodenspekulation?« und »Grundsteuer: Zeitgemäß!«.


Klaus Willemsen, 10.01.2024

 

Verwendete Quellen:
ZDF, 9.1.2024

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/lanz-bauernproteste-debatte-agrarbranche-100.html

https://inwo.de/medienkommentare/spekulation-subventionieren-oder-gewinne-abschoepfen

https://inwo.de/medienkommentare/linker-plan-gegen-bodenspekulation.html

www.grundsteuerreform.net